Aktuelles

Liebe Freunde der "Geistlichen Musik Birnau"

Vor Ihnen liegt unsere Jahresvorschau für 2024. [1.641 KB]

Nachdem sich das Musik- und Konzertleben wieder normalisiert und ein gutes Stück erholt hat, haben wir wiederum ein vielfältiges und interessantes Konzertangebot für Sie entworfen. Wir starten ins Konzertjahr mit einem Konzert im Münster Reichenau, wo 2024 das Jubiläum zur 1300-Jahr-Feier ansteht - wir tragen Bachs monumentale MATTHÄUS-PASSION bei, auf die sich der Chor schon lange freut.

In der Birnau starten wir in die Saison Ende April mit der großartigen C-MOLL-MESSE, der größten Messvertonung Mozarts, verknüpft mit Mozarts letzter Symphonie, der „JUPITERSYMPHONIE". Nach einem Gastspiel des Bachkantatenchores München mit zwei frühen BACH-KANTATEN im Juni
steht das Juli-Konzert im Zeichen des großen Antipoden Bachs: Händels spätes Oratorium JEPHTHA bringt packende alttestamentliche Geschichte in opernhafter Dramaturgie vor Ohren.

Einer der größten „Hits" der Kirchenmusik erklingt zum Abschluss im September: Gounos melodienselige und hymnische CÄCILIENMESSE, gepaart mit Mendelssohns REFORMATIONS- SYMPHONIE.

Die sängerische und menschliche Gemeinschaft der Birnauer Kantorei trägt unsere Arbeit und ermöglicht dieses dichte, spannende Programm und die musikalischen Höhepunkte - dafür bin ich sehr, sehr dankbar. Wir wollen weiterhin mit außergewöhnlichen musikalischen Partnern (Solistinnen und Solisten wie Orchestern) im einzigartigen Rahmen der Basilika große Werke der geistlichen Musiktradition lebendig werden lassen: dieser Raum schließt Herzen, Seelen und Klänge auf, er korrespondiert mit den Botschaften der Werke und führt deshalb in intensiver Weise zu den Grundlagen unserer Spiritualität und Kultur. Und nicht nur das Konzert in der Birnau, auch der Weg dorthin und wieder heraus sind unbeschreiblich, wie Sie wissen - oder neu erleben sollten. Mein tiefer Dank gilt dem Priorat der Birnau für vertrauensvolles und wirklich freundschaftliches Miteinander, allen unseren Gönnern und Sponsoren, meinen Sängerinnen und Sängern und unseren treuen Hörerinnen und Hörern. Meine Bitte an Sie: bleiben Sie uns gewogen.

Ich darf Ihnen unser Abonnement ans Herz legen, das Ihnen Ihre Wunschplätze sichert das Konzertjahr hindurch - und ich darf Ihnen weiter unsere Konzerteinführung anbieten, jeweils 16 h etwa 30 Minuten lang in der Kirche, ohne weitere Kosten (nicht beim Konzert 17. März!).

Ich grüße Sie herzlich und hoffe, dass wir uns bei den Konzerten in der Birnau sehen und hören.

Prof. Thomas Gropper

Konzertjahr 2024

Foto: Martin Kirscht
Birnau, 03.12.2023 - Foto: Irene Albrecht

RÜCKBLICKE

Mozart - Requiem

26. September 2021

"Et lux perpetua luceat eis"

Liebe Abonnentinnen und Abonnenten, liebe Freunde der Birnauer Kantorei,

auch im Lauf dieses Jahres 2021 hat der Verlauf der Corona-Pandemie unsere Chorarbeit sehr behindert, bis zum Mai ja sogar völlig zum Erliegen gebracht. Auch die geliebten und beliebten Konzerte konnten nun schon im zweiten Jahr nicht wie geplant stattfinden. Seit Juni probt die Birnauer Kantorei wieder im erlaubten Rahmen. Wir möchten das Jahr nicht verstreichen lassen, ohne Ihnen, unserem verehrten Publikum, ein Konzert anbieten zu können:

Am Sonntag, 26.09.2021 führen wir in der Birnau Mozarts tiefgehendes Requiem d-moll KV 626 in der traditionellen Vollendung durch Franz Xaver Süßmayr auf. An unserer Seite stehen vier hervorragende junge Solisten und das Ensemble Nymphenburg aus München.

Um der aktuellen Situation und den geltenden Regeln zu entsprechen, bitten wir Sie, die 3-G-Regel zu beherzigen (geimpft, genesen, getestet) und den entsprechenden Nachweis mitzubringen. Da Abstände gewahrt werden müssen und die Kapazität deshalb begrenzt ist, musizieren wir das Konzert zweimal, einmal um 17 h und einmal um 19 h, Konzertdauer jeweils ca. 1 Stunde. Die Karten kosten 29 bzw. 25 Euro.

WICHTIG: Karten können ab 01.09. NUR telefonisch über unsere Vorsitzende Pia Gold (07532 - 41098) erworben werden. Bitte beachten Sie, dass je nach Nachfrage an der Abendkasse keine Karten mehr verfügbar sein können. Wenn Sie sicher gehen wollen, nutzen Sie bitte den Vorverkauf.

Wir würden uns sehr freuen, trotz und gerade in der gegenwärtigen Zeit unserem Publikum eine Freude machen zu können. Auch Sie würden uns umgekehrt durch einen Besuch eine große Freude bereiten.

Mit den besten Wünschen und Grüßen
Prof. Thomas Gropper

Verdi - Requiem

6. Oktober 2019

Das Verdi-Requiem gehört zu den bekanntesten und populärsten Werken der Chorsinfonik. Zum Tode von Gioacchino Rossini bat Guiseppe Verdi 1868 zwölf italienische Komponisten gemeinsam eine Totenmesse zu komponieren. Das Werk wurde fertig gestellt, aber nicht aufgeführt. Verdi griff die Idee zur Komposition eines Requiems wieder auf, als 1873 der Dichter Manzoni starb. Manzoni war wie Verdi ein Freund der italienischen Nationalbewegung. Bis zu diesem Zeitpunkt hatte Verdi sich nicht wirklich mit Kirchenmusik beschäftigt, lediglich in seiner Ausbildungszeit. Den für das «Rossini-Requiem» von ihm komponierte Schlusssatz «Libera me» nutzte Verdi als Kernstück für das neue Requiem.

Die Uraufführung fand am 1. Todestag des Dichters Alessandro Manzoni in Mailand statt. Von dort fand das Werk seinen Weg in die Welt über Paris, London und Wien. Das Verdi- Requiem gilt als die erste Komposition dieser Art, die nicht für den liturgischen Gebrauch (obwohl die Texte und die äußere Form der Liturgie des katholischen Trauergottesdienstes entsprechen), sondern für eine konzertante Aufführung geschrieben wurde. Manche Kritiker bezeichnen das Requiem auch als Verdis beste Oper.

Gemeinsam mit der Südwestdeutschen Philharmonie Konstanz und ausgezeichneten Vokalsolisten wagt sich die Birnauer Kantorei erstmals in ihrer Geschichte an dieses monumentale Werk des 19. Jahrhunderts.

Prof. Thomas Gropper

Haydn - Theresienmesse / Symphonie Nr. 45

28. Juli 2019

Eine der schönsten Anekdoten der Musikgeschichte beschreibt Haydns Abschieds-Symphonie als musikalischen Warnstreik für geregelte Ferien – Fürst Esterhazy hatte seinem Orchester den Urlaub verweigert, weil es ihm auf seinem Sommerschloss so gut gefiel, dass er die Musiker nicht ins heimische Eisenstadt ziehen lassen wollte, wo deren Familien lebten. Es ist schon ein Zaunpfahl, mit dem Joseph Haydn seine Musiker winken lässt: zwei einsame Geiger beenden, so wehmütig wie verschmitzt, seine Symphonie. Alle anderen Orchestermitglieder sind bereits verstummt.

Wie stets in Haydns großen Orchestermessen seiner späten Jahre verbinden sich mal kraftvolle, mal innige Melodien, souveräne Beherrschung des Orchesters, wohlbedachte Proportion mit inbrünstiger christlicher Aussage. Mit dieser bei aller Prachtentfaltung auch empfindsamen Messe gestaltet die Birnauer Kantorei ihr Sommerkonzert in der in jeder Hinsicht optimal korrespondierenden Basilika. Mitstreiter sind das Originalklangensemble "L‘arpa festante", mittlerweile bewährter Partner in barocken und klassischen Werken, und ein junges Solistenensemble, das in dieser Messe weniger mit großen Einzelsoli gefragt ist denn als homogener zweiter Chor. Die Theresienmesse in B-Dur von Joseph Haydn, die zu seinen sechs späten Messen gehört, wurde 1799 komponiert und entstand ein Jahr nach der Nelsonmesse. Die Messe verfügt über ein hohes Maß an Klangschönheit und ästhetisch-künstlerischer Qualität.

Die Uraufführung fand am 8. September 1799 in der Bergkirche von Eisenstadt statt.

Prof. Thomas Gropper

Brahmskonzert - Chorbegegnung

30. Juni 2019

KAMMERCHOR CHUR und BIRNAUER KANTOREI

Johannes Brahms betrat am Karfreitag 1868 als knapp 35-Jähriger die Bühne der breiten Öffentlichkeit und sicherte sich mit seinem „Deutschen Requiem“ einen festen Platz in der Reihe der größten Komponisten. Die von ihm selbst dirigierte Uraufführung seines bis heute vielleicht populärsten Werkes im Bremer Dom machte ihn so bekannt und geschätzt, dass sich die Prophezeiung von Robert Schumann erfüllte: „[Brahms trägt] alle Anzeichen an sich, die uns ankündigen: Das ist ein Berufener.“

Die Textauswahl traf der Komponist selbst in Luthers deutscher Bibel-Übersetzung, und er achtete darauf, dass sich diese Texte konfessionell neutral an die Zuhörer wenden und ihnen letztlich Trost vermitteln. Brahmsens Requiem ist keine Messe für die Toten, sondern eine Trauermusik für die Lebenden, für alle, „die da Leid tragen“ und natürlich letztlich auch für uns alle, die wir wissen, dass wir einmal sterben müssen. Im Deutschen Requiem zeigt sich der Klangzauberer Johannes Brahms in allen Facetten: von den intimen Eröffnungstakten „Selig sind“ für Chor a cappella bis hin zu den strahlenden, kraftvollen Chorfugen im sechsten Satz. Diese klangliche Sorgfalt in der Behandlung der Stimmen kommt in der vom Komponisten autorisierten, transparenten „Londoner Fassung“ für Chor, Soli und vierhändiges Klavier besonders gut zur Geltung.

Außerdem erklingen weitere Motetten und Chorsätze von Brahms und Mendelssohn-Bartholdy.

Prof. Thomas Gropper

C. Monteverdi - Marienvesper

5. Mai 2019

Claudio Monteverdi (1567-1643), schon zu Lebzeiten von seinen Bewunderern „Il divino Claudio“, „der göttliche Claudio“ genannt, gilt bis heute als Schlüsselfigur des Stilwandels in der Musik um 1600, als eigentlicher Schöpfer der Oper und als einer der bedeutendsten Vertreter der Madrigalkunst überhaupt. Er veröffentlichte 1610 eine Sammlung mit geistlichen Werken, die sechsstimmige Messe „In illo tempore“ und die heute als Marienvesper bekannte „Vespro della Beata Vergine“.

Klangprächtig, virtuos und festlich: die Marienvesper gilt als Höhepunkt des Schaffens von Claudio Monteverdi und zählt zu den bedeutendsten Sakralwerken des 17. Jahrhunderts und der Musikgeschichte. Sein Werk markiert die Wende von der Musik der Renaissance zum Barock, und der neue Stil verändert die Kirchenmusik seiner Zeit grundlegend. Der Form nach ist die Marienvesper Musik der altkirchlichen Vesper, dem Abendgebet. Sie enthält neben den Psalmen das »Canticum« der Vesper, den vorweihnachtlichen Lobgesang der Maria und meditative Texte aus dem Hohenlied Salomos. Groß besetzte Vertonungen über gregorianischen Psalmtöne, Echo-Wirkungen, Steigerung und Zurücknahme, der Wechsel von teilweise zehnstimmigen hochvirtuosen Chorpassagen, solistischen Zwischenstrecken und instrumentalen Ritornellen kennzeichnen nicht nur Monteverdis hohes Niveau, sondern stellen auch eine Herausforderung für Solisten, Instrumente und Chorsänger dar. Wir finden hier atemberaubende Doppelchöre, faszinierende Anklänge an die Kunst der venezianischen Mehrstimmigkeit, schlichte Schönheit und synkopisch-swingende Rhythmen, dramatische Operneffekte und leidenschaftlich sinnliche Solokonzerte.

Gemeinsam mit dem spezialisierten Originalklangorchester „L‘arpa festante" und ausgezeichneten Vokalsolisten wagt sich die Birnauer Kantorei erstmals in ihrer Geschichte an dieses Gipfelwerk des 17. Jahrhunderts.

Prof. Thomas Gropper

J.S. Bach - Johannes-Passion

24. März 2019 - Insel Reichenau

Die Johannes-Passion (Passio secundum Johannem, BWV 245) ist neben der Matthäus-Passion (BWV 244) die einzige vollständig erhaltene authentische Passion von Johann Sebastian Bach. Sie ergänzt den Evangelienbericht nach Johannes von der Gefangennahme und Kreuzigung Jesu Christi durch Choräle und frei hinzugedichtete Texte und gestaltet ihn musikalisch in einer Besetzung für vierstimmigen Chor, Gesangssolisten und Orchester. Das etwa zwei Stunden dauernde Werk wird heute meist als Konzertmusik aufgeführt, hat seinen ursprünglichen Platz jedoch im Gottesdienst und wurde am Karfreitag, dem 7. April 1724, in der Leipziger Nikolaikirche uraufgeführt. Es ist eines der faszinierendsten Werke Bachs: Ihr Text zeugt von einem ungewöhnlich tiefen Verständnis für das Gedankengut des Evangelisten Johannes, und in der Komposition ist die Korrespondenz der Bibelwortchöre untereinander ein musikgeschichtlich einmaliges Phänomen.

Die Birnauer Kantorei musiziert das Werk mit einem Originalklangorchester auf barocken Instrumenten und im historischen Stimmton. Hervorragende und stilistisch bestens geeignete junge Solisten gestalten die Rezitative und Arien. So kann die Johannes-Passion nach bestem Gewissen in Klanggewand und Vorstellungen ihrer Entstehungszeit erklingen.

Prof. Thomas Gropper

Fauré - Requiem / Mozart - Prager Symphonie

7. Oktober 2018

Dieses Konzert verbindet das innige, sinnliche Requiem von Gabriel Fauré mit einer der späten Symphonien Mozarts, der ganz eigen geprägten und vom Ausdruck her sehr ernsten D-Dur-Symphonie KV 504.

Mozart schuf diese Symphonie - nach gängiger Zählung die Nr. 38 von insgesamt 41 - im Jahr 1786, Uraufführung war am 19.1.1787 in Prag. Der Anlass zur Komposition ist bis heute ungeklärt, die Einladung nach Prag durch "eine Gesellschaft großer Kenner und Liebhaber" (Zitat von Mozarts Schwester Nannerl) kam wohl erst nach der Fertigstellung, wird also wohl nicht der Grund gewesen sein. Gleichwohl hat sich heute der Name "Prager Symphonie" durchgesetzt. Atmosphärisch und thematisch zeigt das Werk Bezüge zu Mozarts Meisteropern jener Jahre, "Figaro" und "Don Giovanni". Musikalisch auffällig ist die lange Adagio-Einleitung des Kopfsatzes, der längsten und am meisten gewichtigen aller Mozart-Symphonien, außerdem der Verzicht auf den tänzerisch-leichten Menuett-Satz. Möglicherweise wollte er die ernst gehaltene Symphonie nicht dadurch ins Heitere ziehen. Typisch für Mozart ist ferner sein freier Umgang mit der Sonatensatzform - in keinem Satz wird das jeweils zweite Thema in der Durchführung verarbeitet.

Gabriel Fauré schuf nur ein einziges größeres Werk mit einer religiösen Textgrundlage: sein Requiem von 1887, ausgelöst durch den Tod seiner Eltern in jenen Jahren. Heute erklingt die etwas kürzere und sparsamer orchestrierte Erstfassung, der Fauré 1900 noch eine größere Orchesterfassung folgen ließ. Deren Premiere im Rahmen der Pariser Weltausstellung erlebten 5000 Hörer! Charakteristisch ist Faurés Verzicht auf das "Dies irae" (nur die Schluss-Strophe "Pie Jesu" ist als Solo vertont) - ein rächender, strafender Gott ist nicht zu finden bei Fauré, der Tod wird tröstlich, nicht bedrohend beschrieben. Andererseits nimmt er die Vertonung des "In Paradisum" als friedvollen Ausklang hinzu.

Prof. Thomas Gropper

Händel - Saul

22. Juli 2018

"A serpent in my bosom warm´d"

Als Georg Friedrich Händel am 16. Januar 1739 im Londoner King´s Theatre sein Oratorium SAUL herausbrachte - wohlgemerkt im Theater, nicht in der Kirche! - war seine Opernkarriere schon fast zu Ende gegangen. Zu sehr hatte sich der Geschmack des Publikums von der italienischen ernsten Oper mit ihren Starallüren und Unwahrscheinlichkeiten abgewandt. Händel verlegte sich auf das Oratorium, hier standen ihm junge, eher liedhaft singende Solisten, die unmittelbare Verständlichkeit des englischen Textes (für sein Londoner Publikum) und große Laienchöre zur Verfügung. Entsprechend wagte er Neues, freilich ohne erfolgversprechende Gewohnheiten aufzugeben: erstmals ein englisches Oratorium mit einer männlichen Titelpartie, zumal dann noch ein Bass. Dann war SAUL auch noch das größtbesetzte und am längsten dauernde musikdramatische Stück Englands bis dahin (heute indes etwas gekürzt...).

Nie wieder hat Händel ein so üppiges und vielfältiges Orchester zusammenstellen können: neben dem Opernorchester (Streicher, Oboen, Fagotte, Theorbe, Cembalo) sieht er Flöten, Trompeten, Posaunen, Harfe, Orgel, Glockenspiel und Kesselpauken vor.

Angestachelt von historischen Bezügen zur gegenwärtigen britischen politischen Situation und unterstützt vom kongenialen Librettisten Charles Jennens ging Händel vom 1. und 2.Buch Samuel aus und verdichtete die dort episodenhaft geschilderte Destruktion Sauls zu einem beklemmenden stringenten Verfallsprozess. Monarchie, Familienfehden, Eifersucht, Raserei, Freundschaft, Liebe, Sieg des rechten Glaubens und Selbstüberwindung - alle diese starken dramatischen Kräfte fanden sich in dieser alttestamentlichen Vorlage.

Den erfahrenen Musikdramatiker verraten die scharf gezeichneten Charaktere des zweifelnden und dem Wahnsinn verfallenden Saul, des jungen reinen Idealisten David, des treuen und leidenschaftlichen Sohnes und Freundes Jonathan und der vom Temperament so unterschiedlichen Schwestern Michal und Merab. Dem Chor obliegt neben starken Szenen, die zur Handlung gehören, die distanzierte und überzeitliche Kommentierung des Geschehens in antiker Tradition.

Händel schuf mit SAUL eines der packendsten Musikdramen der Musikliteratur.

Prof. Thomas Gropper

Händel - Bach

10. Juni 2018

I know that my Reedemer liveth

"Ich weiß, dass mein Erlöser lebt":
dieser Text ist auf der Gedenktafel für Georg Friedrich Händel zu lesen, die nach dem großen Staatsbegräbnis für ihn 1759 in Westminster Abbey angebracht wurde. Das ist auch der Text der Sopranarie, die den dritten Teil seines erfolgreichsten Oratoriums "The Messiah/Der Messias" einleitet. Nach Prophezeiung und Christgeburt im ersten Teil des Werkes und Texten zur Passion im zweiten Teil widmet sich dieser dritte Teil der Auferstehung.

Die Birnauer Kantorei stellt diesen dritten Teil ans Ende ihres Junikonzertes, leitet ihn indes ein mit dem Finale des zweiten Abschnitts, dem berühmten "Halleluia". Nach seinen gescheiterten Opernunternehmen und einem Schlaganfall 1741 befand sich Händel eigentlich zu Entspannung und Rekonvaleszenz in Dublin, aber "The Messiah" weckte bald die alte Schaffenskraft, mit einem Oratorium praktisch ohne Handlung, einem Bilderbogen zur Christusgestalt schenkt es der Gattung ein Gipfelwerk. Höhepunkte sind neben der Eingangsarie die prachtvolle Bassarie "The trumpet shall sound" mit Trompete und das dichte Amen zum Ausklang.

Das Konzert eröffnet die Bach-Kantate BWV 158 "Der Friede sei mit dir", deren originale Quellen leider verschollen sind. Wahrscheinlich war das Werk einst umfänglicher, es gehört in die frühe Leipziger Zeit, d.h. die zweite Hälfte der 1720er Jahre. Entweder wird es zum Fest Mariae Reinigung oder zum dritten Osterfesttag gedacht gewesen sein. In seiner heutigen Form ist es eine Solokantate für Bass mit einem Schlusschoral "Hier ist das rechte Osterlamm". Inhaltliches und musikalisches Zentrum ist die Arie "Welt ade, ich bin dein müde" mit begleitender Oboe und vor allem einem höchst virtuos gestalteten Violinsolo.

Außerdem erklingen heute das dritte und vierte der sechs Brandenburgischen Konzerte, die Bach 1721 zusammenstellte und dem Markgrafen Christian Ludwig von Brandenburg-Schwedt sandte. Von Umfang, Besetzung und Charakter her sind die Konzerte recht unterschiedlich. Das kürzere Konzert Nr.3 G-Dur ist für 9 Streichinstrumente und Basso continuo gedacht, 3 Violinen stehen drei Violen und drei Celli gegenüber. Der Dialog der beiden erstgenannten Gruppen prägt neben solistischen Einlagen den ersten Satz, der Schluss ist ein stilisierter Tanz, eine Gigue mit einer pausenlos durchlaufenden Sechzehntelbewegung.

Konzert Nr. 4 G-Dur ist ein Konzert für Solovioline, zwei Blockflöten und Streicher, wobei der langsame Mittelsatz als Sarabande, der Schluss als fünfstimmige Fuge gearbeitet ist.

Prof. Thomas Gropper

Nicolai - Schubert - Mendelssohn

29. April 2018

Otto Nicolai, 1810 in Königsberg geboren, ist heute vor allem durch seine komische Oper "Die lustigen Weiber von Windsor" bekannt, uraufgeführt in seinem Todesjahr 1849. Mit dem Orchester des Kärntnertheaters Wien, wo er angestellt war, begründete er 1842 die Philharmonischen Konzerte, deshalb gilt er heute als Gründer der Wiener Philharmoniker. Weniger bekannt ist sein geistliches Werk, das neben a cappella-Literatur auch orchesterbegleitete Kirchenmusik enthält, darunter eine einzige vollständige Vertonung des Messordinariums, die heitere, schwungvolle und melodisch eingängige Messe in D. Zwar erklang sue erstmals schon 1832 im Posener Dom, aber Nicolai arbeitet das Stück 1844 in Wien um und brachte es dort, in Raab und später noch im Salzburger Dom und in Berlin selbst zur Aufführung. Da das Material bis auf die Salzburger Noten verschollen ist, erklingt heute in der Regel diese Fassung.

Franz Schubert arbeitete 1822 an einer Symphonie in h-moll, von der er zwei Sätze ausarbeitete. Zumindest ein weiterer Satz wurde skizziert. 20 Takte lang auch orchestriert, dann bricht die Handschrift ab. Warum ließ Schubert das Werk "unvollendet", obwohl nichts daran zweifeln lässt, dass er ursprünglich eine normale viersätzige Symphonie schaffen wollte? War alles ausgesagt mit zwei Sätzen, war das Werk abgeschlossen? Kam Schubert nicht mehr weiter und vergaß endlich den Torso? Wir wissen es nicht. Sicher ist nur, dass der Dirigent Johann von Herbeck 1865 (37 Jahre nach Schuberts Tod) bei Schuberts Freund Anselm Hüttenbrenner auf die Noten stieß und die "Unvollendete" in Wien zur Uraufführung brachte. An Versuchen einer Komplettierung fehlte es seither nicht, keiner setzte sich durch, zu einmalig sind Atmosphäre und Werkgestalt dieser Symphonie.

Auf seiner Hochzeitsreise im Frühjahr 1837 durch das Elsass und den Schwarzwald schuf Felix Mendelssohn-Bartholdy den größten Teil seiner Vertonung des Psalms 42 in der Luther-Übersetzung "Wie der Hirsch schreit", 1838 erklang das Werk erstmals im Gewandhaus Leipzig. Nach Worten seines Freundes Robert Schumann erreichte er damit "die höchste Stufe, die er als Kirchenkomponist, ja die neue Kirchenmusik überhaupt" erlangen konnte. Typisch für Mendelssohns Stil sind die weitgeschwungene und weich getönte Melodik, der Anklang an kirchenmusikalische Vorbilder wie Bach und Händel, aber auch a cappella-Meister. Dem Psalmtext ist dann noch die Passage "Preis sei dem Herrn" angefügt, gleichsam als "Gloria Patri" - Mendelssohn nutzt das für eine kraftvolle Schlussfuge.

Prof. Thomas Gropper

Dvorak - Stabat Mater

8. Oktober 2017

Seit 1874 stand der damals 33 Jahre alte Antonin Dvořák als Organist der St.Adalbert-Kirche in Prag in kirchlichen Diensten und erweiterte seine Kenntnis der geistlichen Literatur - neben der geistlichen Oper von der "Heiligen Ludmilla", dem extrovertiert-hymnischen "Te Deum" aus später Zeit, dem düster getönten "Requiem" und der volkstümlichen D-Dur-Messe ist vor allem sein "Stabat mater", entstanden 1876/77 und 1880 uraufgeführt, dem Publikum ans Herz gewachsen.

Dieses Stück ist nicht nur die erste geistliche Komposition Dvořáks, sie ist auch die einzige, die nicht als Auftragswerk, sondern gleichsam aus innerem Drang entstand. Obwohl diesbezügliche Zeugnisse des Komponisten fehlen, wird man vermuten dürfen, dass der Tod dreier Kinder in sehr frühem Alter 1875 und 1876 seinen Blick auf das mittelalterliche Gedicht gelenkt haben wird, in dem die Gottesmutter Maria bewegt und bewegend ihren Schmerz über ihren gekreuzigten Sohn ausspricht. Hier werden Dvořák und seine Frau eigene Gefühle und Gedanken wiedergefunden haben.

Dvořák öffnet den kirchlichen Text schon durch die große sinfonische Besetzung des Orchesters für den Konzertsaal, durch viele Textwiederholungen, große Orchesterpassagen und ruhige Bewegung weitet er das "Stabat mater" auf rund anderthalb Stunden Länge aus - wohl das ausgedehnteste Werk auf diesen Text. Die Vokalsolisten erhalten je für sich Raum zu ausdrucksvollem Gesang, werden indes auch als Ensemble dem großen Chor gegenübergestellt - virtuos-opernhafte Gesten fehlen völlig, schlichte, fast volkstümliche Melodik dominiert. Dvořák achtet auf meist getragene Tempi, verhaltene Dynamik und eine trotz des großen Apparats oft fast kammermusikalische Instrumentierung.

Von elementarer Kraft ist das Finale, wenn mit der Amen-Schlussfuge (das bewegteste und anspruchsvollste Moment des Werks) die große Steigerung von Chor und Orchester, die im Eingangssatz auf einen schmerzlichen h-moll-Akkord geführt hatte, triumphal in H-Dur endet. Eine große motivische Klammer für das Gesamtwerk - und ein elementares Signal für den Sieg von Leben und Licht über Schmerz und Tod.

Prof. Thomas Gropper

Händel - Samson

16. Juli 2017

"Das Ohr wird zum Auge" - Zu Händels SAMSON

Mit SAMSON führt die Birnauer Kantorei ihre Reihe mit Händel-Oratorien in Originalsprache und mit Originalklangorchester fort, die innere Dichte und Dramaturgie dieser geistlichen Opern erlaubt einen besonderen Spannungsbogen, die verhandelten Themen und Konflikte führen an meist alttestamentlichen Stoffen christliche Werte und ethische Fragestellungen vor Augen. 2015 haben wir JUDAS MACCABÄUS präsentiert, 2016 SAUL, der auch im Juli 2018 nochmals erklingen wird.

SAMSON war zu Händels Lebzeiten eines der bekanntesten oratorischen Werke Händels, in gerade sechs Wochen hatte er im Herbst 1741 das (ungekürzt weit über drei Stunden dauernde, heute rund zweistündige) Stück geschrieben. Stoffgrundlage war das Drama "Samson Agonistes" von John Milton aus dem Jahr 1671. Dahinter steht eine Geschichte aus dem Buch der Richter des AT: Samson war von übermenschlicher und unbesiegbarer Stärke, die an sein ungeschorenes Haupthaar geknüpft war. So konnte er Feinde Israels besiegen. Erst als sich eine Frau aus dem Volk der Philister - Dalila - in sein Vertrauen schleicht, Samson sich in sie verliebt und ihr das Geheimnis verrät, geschieht das Unheil. Sie verrät es an die Philister, Samson wird gefangengenommen, geschoren und geblendet.

Interessanterweise lassen Milton und Händel all dies interessante und dankbare Geschehen außen vor, ja sie setzen die Kenntnis quasi beim Hörer voraus. SAMSON setzt ein, als der Titelheld blind und versklavt ein gebrochener Mann ist. Die Feinde verhöhnen ihn, sein Freund Micah bemitleidet ihn, sein Vater Manoah trauert der Zeit nach, als er einen so strahlenden Sohn hatte. Der II. Akt weckt im niedergeschlagenen Samson neue Kraft: der Riese Harapha aus dem Volk der Philister verspottet ihn, Dalila erscheint und glaubt, ihn erneut umgarnen zu können. Er ersinnt einen kühnen Plan, weil ihm unbemerkt das Haar wieder gewachsen war: als er im Fest des Philistergottes Dagon als besiegter Feind vorgeführt werden soll, bringt er den Festssal zum Einsturz und begräbt die Philister und sich selbst. Totenklage und Heldenpreis beschließen das Werk. Händel zeichnet den Weg eines Mannes von tiefer Verzweiflung und Agonie über erwachenden Stolz hin zu einer letzten kraftvollen Tat, die sein Volk um den Preis der eigenen Vernichtung rettet.

Karl Friedrich Zelter schrieb 1828 an seinen Freund Goethe: "Gestern abend haben wir dem Publikum mit Händels Simson aufgewartet. Händel hat das Wesen und die letzten Stunden eines starken Mannes, der einem Weibe unterliegt, mit echter Kraft in Töne gekleidet. Das Ohr wird zum Auge, man möchte Farben unterscheiden, Gestalten, Geschlechter."

Prof. Thomas Gropper

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